„Was macht dieser „Einsiedler“ so anders, dass er immer wieder die menschliche Seite seiner Models einfängt?“

schrieb mir vor wenigen Tagen eine Fotografin bei Instagram, als wir uns darüber unterhielten, wieso es Menschen gibt, die den Wunsch haben, ausgerechnet mir beim Fotografieren über die Schulter zu schauen.

Zuallererst: Ich freue mich tierisch, dass meine Fotos anscheinend tatsächlich das zeigen, was ich auch zeigen möchte: den Menschen. Wenn das wirklich so rüberkommt, macht mich das sehr sehr glücklich! 🙂

Die Frage, was genau ich anders mache (oder ob überhaupt), kann ich euch jedoch nicht beantworten. Nicht, weil ich daraus ein Geheimnis machen möchte, sondern weil mir schlicht der Vergleich zu anderen Fotografen fehlt. Im Zweifel können euch die Models diese Frage besser beantworten als ich.

Um ehrlich zu sein, glaube ich, dass ich absolut gar nichts Besonderes mache – ich behandle die Models einfach nur so, wie ich selbst auch behandelt werden möchte: wie einen Menschen. Und ich nehme mir Zeit. Viel Zeit. Insbesondere für das erste Shooting. Habe ich an einem Tag ein Shooting, ist dieser Tag hierfür grundsätzlich komplett geblockt. Keine Termine davor, erst recht keine Termine danach. Ich möchte den Kopf frei haben, um entspannt und ohne Zeitdruck in ein Shooting zu gehen. Das bedeutet selbstverständlich nicht, dass jedes Shooting bei mir mehrere Stunden dauert. Aber ich möchte mir die Möglichkeit offen halten, in genau dem Tempo vorgehen zu können, das sich ergibt.

Außerdem versuche ich, die Menschen, die ich fotografiere, auch tatsächlich ein wenig kennenzulernen. Und dies gelingt mir nur, indem ich mit diesen Menschen auch ein wenig rede. Wie lange und worüber ist von Person zu Person unterschiedlich, aber die Themen ergeben sich glücklicherweise zwangsläufig von selbst. So ein Gespräch kann „oberflächlich“ (was keine Wertung sein soll) verlaufen, aber auch in die Tiefe gehen. Und damit das Gespräch nicht einseitig verläuft und einem Verhör gleichkommt, höre ich nicht nur zu (und ich höre wirklich zu, wie einige meiner Models schon erschrocken überrascht feststellten), sondern erzähle ebenso auch aus meinem Leben. Ich kann ja schlecht von einem Menschen erwarten, sich mir gegenüber zu öffnen, während ich selbst nicht bereit bin dasselbe zu tun. Schlussendlich möchte ich einfach nur, dass das Gespräch, so wie auch das gesamte Shooting, auf Augenhöhe stattfindet.

Dabei kann es selbstverständlich auch passieren, dass man total die Zeit vergisst. So wie mit Michelle im September. Es fing schon langsam an dunkel zu werden, als uns klar wurde, dass wir zwar stundenlang gequatscht, aber noch nicht ein einziges Foto geschossen hatten. Fürs gute Gewissen machten wir deshalb in kürzester Zeit ein paar Alibi-Fotos – Fotos, die ich im Nachhinein zu meinen Favoriten aus 2019 zähle.

Ich hoffe, sie gefallen euch so gut wie uns!

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